Rezension: “Als Gott schlief”
Autor: |
Jennifer B. Wind |
Verlag: | dotbooks |
ASIN: |
B00HS0SLS8 |
E-Book: | 355 Seiten |
Persönliche Wertung: |
Und alle haben weggesehen …
Inhalt:
In Wien und unmittelbar darauf auch in München werden katholische Geistliche brutal ermordet. Die Taten gleichen sich so sehr, dass ein Zufall ausgeschlossen ist. Ein Serienmörder ist am Werk, und offenbar will er Rache nehmen. Die Kriminalbeamtin Jutta Stern und ihr Partner Dr. Thomas Neumann tappen lange im Dunkeln, bis sich eine Spur aufzeigt, die weit in die Vergangenheit führt.
Meine Meinung:
Die äußerst vielseitige Jennifer B. Wind (ihre Vita reicht für drei Leben) nimmt sich eines brisanten Themas an, über das nur zu gern der Deckmantel des Schweigens gelegt wird. In Thrillerform verarbeitet sie die leider so gar nicht fiktiven Fälle von Kindesmissbrauch in Einrichtungen der katholischen Kirche.
Mit einer Geschichte, die niemanden unberührt lassen kann, fesselt sie den Leser von der ersten Seite an. Ist man anfangs schockiert über die Brutalität der Morde, so erfährt das Mitleid mit den Opfern, die, wie sich herausstellt durch die Bank auch Täter sind, einen erheblichen Dämpfer. Vielmehr fließt es den tatsächlichen Opfern zu, die in ihrer Hilflosigkeit und aufgrund der mangelnden Unterstützung durch ihre Umwelt keinen anderen Ausweg sehen als den der Lynchjustiz.
Besonders die Passagen aus Rebeccas Sicht verlangen dem Leser so einiges ab und schrammen die Grenze des Erträglichen. Die hier angewandte Ich-Form macht alles noch eindringlicher und die Autorin versteht es perfekt, sich in die kleinen, geschundenen Menschen hineinzuversetzen. Aber auch mit den ermittelnden Beamten hat sie interessante Charaktere mit Ecken und Kanten erschaffen, die Potenzial für weitere spannende Geschichten bieten.
Dass gerade hinter den Mauern einer ach so scheinheiligen Institution dergestalte Grausamkeiten stattfanden, und es wahrscheinlich sogar noch immer tun, ist immer wieder aufs Neue erschütternd. Ich bewundere den Mut von Jennifer B. Wind, sich einer Wahrheit anzunehmen, die sicher nicht jedem schmeckt. Sie gibt damit jenen eine Stimme, die viel zu oft aus Angst oder Unvermögen schweigen.
Wer sich vom brisanten Thema und der teilweise diffizilen Beschreibung von Grausamkeiten an Kindern nicht abschrecken lässt, wird mit einem spannenden Thriller belohnt, dessen Ende zwar einigermaßen vorhersehbar, jedoch nichtsdestotrotz äußerst passend gewählt ist.